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Der Ursprung der Japaner
Der Ursprung der Japaner oder ihre Ethnogenese (Entstehungsgeschichte), beschäftigt die Forschung bis heute. Das liegt einerseits am Fortschritt der Wissenschaft, andererseits an den wenigen archäologischen Funden von Menschen aus prähistorischer Zeit in Japan.
Diese lassen zudem verschiedene Thesen zu. Ebenso Anthropologische und linguistische Untersuchungen. Das heißt, dass manches auch aus Sicht der Wissenschaft nicht absolut eindeutig ist. Nur genetische Untersuchungen sind inzwischen relativ genau und daher aussagekräftig. Folgend ist die Geschichte der Besiedlung der japanischen Inseln nach den prinzipiell anerkannten Theorien dargestellt.
Ursprung des Homo sapiens
Geht man dem Ursprung der Japaner nach, dann macht es Sinn, sich die Entwicklung des Homo sapiens anzuschauen. Weil dessen Auftreten markiert den Beginn des modernen Menschen. Also setzen wir zeitlich im Pleistozän (2,58 Mio.-11.780 Jahre vor unserer Zeit*) an, was annähernd identisch mit der Altsteinzeit oder dem sogenannten Paläolithikum (2,5 Mio. Jahre vor unserer Zeit*-9.700 v. Chr.) ist. Denn in diesem Zeitraum entwickeln sich bereits archaische Hominiden, Vorgänger des modernen Menschen, die sich durch höhere kognitive Fähigkeiten auszeichneten. Die verschiedenen Hominiden waren allesamt Jäger und Sammler und breiteten sich von Afrika ausgehend aus. Zudem entwickelten und nutzten sie Steinwerkzeuge, verfeinerten diese und beherrschten mit der Zeit das Feuer. Aber wie kam der Homo sapiens nach Asien bzw. Japan? Hierzu zwei Thesen:
* Vor unserer Zeit: Mit “unserer Zeit” ist die Gegenwart gemeint, wobei hier als zeitlicher Bezugspunkt das Jahr 1950 von Wissenschaftlern gewählt wurde (siehe: North American Stratigraphic Code, 2005, Article 13 – Age, C – Convention and abbreviations).
These 1
Der Ursprung des Homo sapiens liegt in Afrika, wo er sich auch entwickelt hat. Klimaveränderungen initiierten wahrscheinlich dessen Ausbreitung vor ca. 80.000-50.000 Jahren vor unserer Zeit*. Von Afrika ausgehend, erreichte er verschiedene Regionen Eurasiens, wo er sich fast simultan verteilte. Schließlich kam er in Ostasien vermutlich vor etwa 40.000-35.000 Jahren vor unserer Zeit* an [1]. Dort traf Homo sapiens auf andere, weniger entwickelte Hominiden, die sich vor seiner Ankunft dort ausgebreitet hatten. Diese wurden aber vom dominanten Homo sapiens verdrängt [2].
These 2
Homo sapiens, als dominanter Hominide im Pleistozän bzw. Paläolithikum, hat seinen Ursprung in verschiedenen Teilen der alten Welt. Folglich ist er eine späte Entwicklung aus archaischen Vorfahren einschließlich regionaler Abstammungen, z. B. des Homo erectus. Weil das erklärt auch die Herausbildung regional unterschiedlicher Menschen, von denen physiologisch heute der mongolische der dominante Typ in Sibirien, Ost- und Südostasien ist. Zu diesem Typ zählen auch die heutigen Japaner [2].
Beweise für den Ursprung der Japaner
Welche archäologischen Funde zeugen vom Ursprung der Japaner? Trotz einiger Zweifel über eine recht frühe Einwanderung von Menschen auf die japanischen Inseln, gibt es archäologische Funde von Steinwerkzeugen. Diese deuten auf die Existenz des Homo erectus hin, schon 500.000 Jahre vor unserer Zeit*. Dies ist durchaus denkbar. Denn im Pleistozän ist ein geringerer Teil der Erde noch von gigantischen Gletschern der Eiszeit bedeckt. Wobei das Erdklima bereits fluktuierte und damit auch der Meeresspiegel. Entsprechend veränderte sich die Küstenlinie immer wieder. Die japanischen Inseln waren zeitweise durch Landbrücken mit dem Kontinent verbunden und das heutige Japanische Meer war ein Binnengewässer. Erst gegen Ende des Pleistozäns veränderten stetig steigende Temperaturen die Vegetation. Das Süßwasser der schmelzenden Gletscher führte zum Anstieg der Meere. Der Höhenunterschied zwischen dem heutigen und damaligen Meeresspiegel macht ca. 90-100 m aus (siehe Karten 1 u. 2 [3, 4]).


Jōmon-Menschen
Allerdings bleibt unklar, ob die Hersteller der Steinwerkzeuge auch die Vorfahren der heutigen Japaner sind. Das liegt daran, dass es nur wenige Funde menschlicher Überreste in Japan gibt, die hierüber Aufschluss geben. Diese reichen in der Regel nicht weiter als 17.000 Jahre vor unserer Zeit* zurück, wie z. B. der Skelettfund von Minatogawa auf Okinawa belegt, oder ins Jungpaläolithikum, also 40.000 Jahre vor unserer Zeit* bis 12.000 v. Chr. Das Entscheidende hierbei ist, dass diese Funde fast identisch mit denen aus Südchina sind und denen sogenannter Jōmon-Menschen in Japan (siehe unten). Das lässt außerdem vermuten, dass die Jōmon-Menschen aus diesem archaischen Typ hervorgingen [3, 4].
Die Jōmon-Menschen begannen eine Lebensweise auszubilden, die man heute als den eigentlichen, wenngleich primitiven Anfang der japanischen Kultur ansehen kann.
Besiedlung Japans durch Homo sapiens
Um den Ursprung der Japaner zu erforschen, muss allerdings noch eine Frage geklärt werden. Wie kam der Homo sapiens auf die Japanischen Inseln? Denn bisher waren Anthropologen und Archäologen der Ansicht, dass im Jungpleistozän, etwa 126.000-11.780 Jahre vor unserer Zeit*, Kolonisten erstmals in Japan auftauchten. Dies war möglich, weil vermutlich in dieser letzten Kältephase des Erdklimas drei Landbrücken zum Kontinent existierten. Inzwischen ist man der Auffassung, dass die Migration auf die japanischen Inseln in dieser Zeit bereits die Nutzung von primitiven Wasserfahrzeugen erforderte. Die Landbrücke von Hokkaidō über Sachalin nach Sibirien ausgenommen, glaubt die Mehrheit der Forscher heute, dass die ersten Einwanderer über die Korea-/Tsushima-Straße (die Meerenge zwischen Südkorea, Nord-Kyūshū und Süd-Honshū) kamen. Immerhin beweisen das die ältesten japanischen Funde einzigartiger Speerspitzen (hakuhen-sentōki 剥片頭器), die man auf den Hauptinseln Honshū und Kyūshū fand. Ihre Entstehung wurde auf etwa 38.000 Jahre vor unserer Zeit* datiert.
Die Überquerung des Meeres
Weil man eben solche Speerspitzen auch in Korea fand, legt dies die Nutzung der Meerenge über Tsushima nahe. Die Meerenge konnte vermutlich auf zwei Wegen von je 35 km Länge vorbei an der Insel Tsushima überquert werden. Zumal der Meeresspiegel wahrscheinlich um 80 m niedriger als heute war (Karte 3 [5]). Die Menschen jener Zeit waren wohl bereits in der Lage größere Gewässer zu überqueren, denn sonst wäre auch die Besiedlung Südostasiens und Australiens nur schwer zu erklären und anders verlaufen. Die Migration über das Meer aus Südostasien und Südchina wird inzwischen auch für die Ryūkyū-Inselgruppe (Okinawa) im Süden Japans angenommen. Bemerkenswert ist jedoch, dass sich die Besiedlung Kyūshūs 30.000 Jahre vor unserer Zeit anscheinend in einer zweiten Welle wiederholte. Denn zwischenzeitlich ereignete sich ein enormer Vulkanausbruch, der wahrscheinlich die Insel teils verwüstete. Darauf weisen dicke Ablagerungen von Vulkanasche hin, die man bei Bodenanalysen nachweisen konnte [6].

Mit welchen Völkern sind die Japaner verwandt?
Also liegt die Herkunft der ersten Siedler geografisch im heutigen Sibirien (Karte 3: rote Linien), Südostasien (Karte 3: gelbe Linie von Süden) und China (Karte 3: gelbe Linie von Westen) sowie Korea (Karte 3: violette Linien). Dies würde auch eine sehr enge genetische Verwandtschaft der Japaner mit den Asiaten auf dem Kontinent nahelegen. Jedoch zeigt ein Vergleich ein überraschend anderes Ergebnis. Prof. Saito Naruya, vom Nationalen Institut für Genetik in Shizuoka, beschäftigte sich mit der Frage nach dem Ursprung der Japaner. Hierzu führte er mit verwertbarem Erbgut menschlicher Knochenfunde (Zähne) des Jōmon-Zeitalters (ca. 14.000 bzw. 10.000-3. Jh. v. Chr.**) und heutiger Japaner eine vergleichende Analyse durch. 2017 gab Saito sein Forschungsergebnis schließlich bekannt.
** Die Länge des Jōmon-Zeitalters wird verschieden definiert, beginnt aber spätestens mit der Einführung der Keramik auf den japanischen Inseln.
Vorfahren der Japaner
Demzufolge teilen die Japaner 12% ihres Genoms mit den Menschen aus dem Jōmon-Zeitalter. Damit sind die Jōmon-Menschen als Vorfahren der heutigen Japaner zu betrachten. Ebenso der Ureinwohner, der Ainu, sowie der Bewohner der Ryūkyū-Inseln, Taiwans, der Philippinen und Indonesiens. Vor allem zeigte die Analyse, dass das japanische Genom wenig Verwandtschaft mit dem heutiger Völker in Südost- oder Ostasien aufweist. Dies lässt die These zu, dass die Jōmon-Menschen eine eigenständige Gruppe darstellen [7]. Weil archäologisch ist die Ausbreitung dieses Menschentyps auf Kamtschatka, Sachalin, den Kurilen, den vier Hauptinseln Japans und Okinawa nachweisbar. Eine genetische Ausbreitung ist sogar bis nach Südostasien erwiesen.
Rekonstruktion des Jōmon-Menschen
2019 untersuchten Forscher einen weiblichen Schädel des Jōmon-Zeitalters. Gefunden wurde dieser auf der Insel Rebun, vor der Nordwestspitze Hokkaidōs. Weil die Backenzähne gut erhalten waren, gelang eine präzise DNA-Analyse. Das Alter des Schädels wurde auf 3.500-3.800 Jahre geschätzt, sodass dies für einen gemeinsamen Vorfahren von Jōmon-Menschen und Han-Chinesen vor etwa 18.000-8.000 Jahren spricht. Ebenso ist eine genetisch enge Verwandtschaft der späten Jōmon-Menschen mit Gruppen entlang der sibirischen Ostküste und der koreanischen Halbinsel erwiesen. Zudem auch mit indigenen Stämmen Taiwans. Schließlich dienten Skelett und DNA einer Rekonstruktion des Aussehens. Beispielsweise hatte die Frau dunklere Haut. Und braune Augen, die aber heller als die der heutigen Japaner waren. Außerdem hatte sie Sommersprossen und dünnes, krauses Haar (Bild 1). Sie maß 1,40 m und hatte wohl eine hohe Alkoholtoleranz gehabt und war genetisch an eine fettreiche Ernährung angepasst. Dafür sprechen die vielen ausgegrabenen Seelöwenknochen am Fundort Funadomari [8].

Was geschah mit den Jōmon-Menschen?
Die im Yayoi-Zeitalter (ca. 3. Jh. v. Chr. – 3. Jh. n. Chr.) vom Kontinent auf die japanischen Inseln neu eingewanderten Menschen waren keine kriegerischen Eroberer. Schließlich waren die Lebensweisen der ansässigen Jōmon-Menschen und der Einwanderer doch Grund auf verschieden. Während die Jōmon-Menschen jagten und sammelten, waren die Yayoi-Siedler bereits Bauern. Somit gab es zumindest Anfangs zwischen den Populationen keine Konkurrenz. Allerdings ermöglichte die Landwirtschaft es den neuen Siedlern eine viel größere Bevölkerung zu ernähren. Folglich nahm deren Bevölkerung deutlich schneller zu. Dies wiederum erforderte dann aber die Ausweitung von Siedlungsgebieten.
Zwar mag es in dieser Phase auch vereinzelt zu kriegerischen Konflikten zwischen Jōmon-Menschen und Yayoi-Einwanderern gekommen sein. Viel öfter aber, sind die Jōmon-Menschen wahrscheinlich aus ihrem Siedlungsraum verdrängt worden oder vermischten sich auch mit den Eindringlingen.

Ainu – die letzten Jōmon-Menschen?
Als unmittelbare Nachfahren der Jōmon-Menschen unterschieden sich die Ainu von den Yamato-Japanern. Dann, zwischen dem 3. und 10. Jh., verdrängte die Yamato-Siedler in Feldzügen die Ainu immer weiter gen Norden oder unterwarfen sie.
Zwar sind die Ainu von ihrer genetischen Abstammung her Ostasiaten, trotzdem zeigen sie auch leicht kaukasische Züge und Eigenschaften: kantigeres Gesicht, doppelte Lidfalte, ausgeprägtere Augenbrauen, definiertere Nase, stärkeren Bartwuchs und Körperbehaarung (Bild 2 u. 3). Wie sehr dies heute noch zutrifft, dass hängt natürlich auch vom Grad der genetischen Vermischung ab. Inzwischen sind reine Ainu in Japan eine Minderheit, weil man im 19. Jh. mit der Erschließung des hohen Nordens Japans die Ainu gezielt genetisch sowie sprachlich-kulturell assimilierte.

Erforschung der Ainu
Schon im endenden 19. Jh. begannen im Westen ausgebildete japanische Forscher mit Untersuchungen von Ainu-Skeletten. Diese wurden jedoch ohne Zustimmung der Ainu aus heiligen Grabstätten entnommen. Zudem ging es nicht um die Erforschung der Ainu, als vielmehr zu beweisen, das diese auch erst nach den Jōmon-Menschen auf die japanischen Inseln einwanderten. Die damaligen Forschungsergebnisse lieferten jedoch bereits ein völlig anderes Bild und gelangten daher nicht an die Öffentlichkeit. Jedoch gingen mit der fortschreitenden Genforschung weitere Wissenschaftler den Ainu-Genen auf den Grund.
1991
1991 begann Dr. Yamada Masako an der medizinischen Universität Hokkaidō mit geheimen Untersuchungen von Ainu-Genen. Allerdings ein schwieriges Unterfangen, da die Ainu inzwischen misstrauisch waren, nachdem Jahrzehnte zuvor japanische Wissenschaftler ohne Zustimmung Knochen aus heiligen Ainu-Gräbern entnahmen. Yamada gewann erst das Vertrauen der Ainu, um dann von Freiwilligen Genproben nehmen zu können. Die Ergebnisse von Yamadas Untersuchungen waren revolutionär. Die Genproben wiesen zwei Marker auf, Haplotyp Y1 und M7a, die spezifisch für Ainu-Frauen sind. Nachdem M7a außer bei Ainu und Bewohnern der Ryūkyū-Inselgruppe (Okinawa) selten nachzuweisen ist, war es indes Y1, der ein besonderes Merkmal darstellte. Denn dieser Marker kommt bei 99% der japanischen Bevölkerung nicht vor. Somit war bewiesen, dass die Ainu eine genetisch eigenständige Volksgruppe sind, weil sie nur geringe genetische Verwandtschaft mit heutigen Japanern aufwiesen.
1998
1998 wurde bei Straßenbauarbeiten in der Präfektur Nagano ein Massengrab des Jōmon-Zeitalters freigelegt. Dr. Shinoda Kenichi, vom nationalen Naturkundemuseum, untersuchte das Skelett einer Frau aus dieser Grabstätte auf das Erbgut. Man erwartete, dass die Analyse eine enge Verwandtschaft der Jōmon-Menschen mit den heutigen Japanern aufweisen würde. Während die Analyse ein nahezu identische DNA mit heutigen Ainu aufzeigte, war dies hingegen im Vergleich mit Genen der restlichen Japaner weniger der Fall. Schließlich offenbarte die Analyse ein Verbreitungsschema, nachdem der Anteil von Jōmon-Genen in Japanern geographisch von Norden nach Süden abnimmt. Dies spiegelt auch die historischen Ereignisse in Bezug auf die Besiedlung, Ausbreitung und Verdrängung der Jōmon-Menschen. Außerdem bewies es, dass die Ainu genetisch die direkten Nachfahren der Jōmon-Menschen sind und damit die Ureinwohner der japanischen Inseln.
2019
Einer Studie von Dr. Gakuhari Takashi der Universität Kanazawa aus dem Jahr 2019 zufolge, sollen 36.000 Japaner in Hokkaidō so viel unverwechselbare Ainu-Gene in ihrem Erbgut aufweisen, dass man sie als “reine” Ainu ansehen kann.
Es ist eben diese unterschiedliche Zusammensetzung des Erbguts der Japaner, das überdies die Unterschiede in Physiologie (Körperbau) und Physiognomie (Gesichtsmerkmalen) unter den Japanern verschiedener Landesteile erklärt. Daher ist der Ursprung der Japaner nicht auf einen Stamm oder Menschentyp zurückzuführen, die Ainu ausgenommen, sondern viel mehr auf eine Mischung verschiedener, genetischer Einflüsse.
Die Ainu heute
Obwohl japanische Behörden von der Existenz von bis zu 200.000 (ethnischen) Ainu ausgehen, dürften es tatsächlich deutlich weniger sein. Seit dem späten 19. Jh. versuchte die Regierung die Ainu sprachlich und Kulturell zu “Japanern zu machen”. Allerdings kam es zur sozialen Ausgrenzung, sodass viele Ainu bis ins späte 20. Jh. ihre Herkunft lieber verbargen. Daher wissen manche Japaner heute nicht einmal, dass sie Ainu sind oder von diesen abstammen. Nachdem die Ainu sich politisch organisierten, setzten sie 2008 ihre Anerkennung als eigenständiges Volk (Ethnie) per Verfassung durch. Sie identifizieren sich heute wieder über ihre spezifische Kultur und Riten sowie die eigene Sprache. Nicht unerheblich hierfür war auch die Genforschung.
Weil, wenn sich während des Yayoi-Zeitalters Einwanderer vom Kontinent und Jōmon-Menschen aufeinander einließen, dann vermuteten Wissenschaftler, dass dies auch heute genetisch nachweisbar sein müsste. Dies dient ebenfalls der Beantwortung der Frage nach dem Ursprung der Japaner und nicht der Ainu allein.
Ursprung der Japaner genetisch entschlüsselt
Der Ursprung der Japaner lässt sich wohl am ehesten an deren Genen nachvollziehen. Nachdem Forscher 2003 das menschliche Genom entschlüsselten, wird verstärkt auch auf Basis der Gene/DNA nach dem Ursprung der Japaner geforscht, wie z. B. von Prof. Saito in Shizuoka (siehe oben). Der genetische Vergleich moderner Völker erfolgt in der Regel über sogenannte Marker, die man haploide Genotypen oder Haplotypen nennt. Weil die Haplotypen spezifische Sequenzen auf Chromosomen im menschlichen Erbgut sind, dienen sie der Identifizierung bestimmter Merkmale. Das können bestimmte physiologische Eigenschaften sein, wie die Augenform und Farbe oder die Struktur und Farbe der Haare sowie die Statur usw. Also lässt sich durch den Haplotypen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Population oder Ethnie bestimmen. Auch die Verwandtschaft kann bewiesen werden, sogar der Ursprung.
Marker im Blut
Genforscher haben festgestellt, dass Jōmon-Menschen (einschließlich der Ryūkyū-Inselbewohner und der Ainu) einen genetischen Marker gemein haben. Es handelt sich um den Marker ab3st, der im Blut nachgewiesen werden kann. Dieser ist heute überdies bei Koreanern, Tibetern, Tungusen, Jakuten und Inuit vorhanden. Am häufigsten kommt dieser Marker aber beim Volk der Burjaten rund um den Baikalsee vor. Somit liegen die Ursprünge der Vorfahren der Jōmon-Menschen in dieser Region. Denn Funde menschlicher Besiedlung reichen hier etwa 25.000 Jahre zurück. Der Klimawandel führte zur Wanderung von Stämmen gen Süden und Osten und schließlich bis nach Japan. DNA-Analysen bisheriger menschlicher Überreste des Jōmon-Zeitalters weisen überwiegend eine Verwandtschaft mit den heutigen Burjaten auf. Hingegen sind nur wenige direkt mit Koreanern, Chinesen oder Taiwanesen verwandt.
Jedoch ist dieser Marker in der Volksrepublik China eher selten vorzufinden. Hier dominiert der Haplotyp afb1b3. Er ist besonders stark in den Provinzen Guangxi und Yunnan im Südwesten Chinas verbreitet [9].
Haplotypen
Für die Betrachtung des genetischen Ursprungs der Japaner spielen 8 Haplotypen (hier nach Y-Chromosomen bestimmt) eine Rolle. Ermittelt wurden ihr regionales Auftreten, ihr prozentualer Anteil in den Genen der heutigen Bevölkerung in Japan sowie ihr weiteres Vorkommen in Asien [10, 11].
| Haplotyp | Vorkommen in Japan | Bevölkerungsanteil % | Vorkommen in Asien |
| C1-M8 | Nord-Honshū bis Okinawa | 2,2 | Kurilen, Kamtschatka |
| C-M127 | Hokkaidō | 3 | Ostsib., Zentral-, Süd-, Südostasien |
| D2-M55 | Hokkaidō, Nord-Honshū, Ryūkyū | 38,8 | Sibirien |
| D1-M55 | Nord-Kyūshū, Honshū, Hokkaidō | 0,4 | Tibet |
| NO-M204 | Honshū, Shikoku, Kyūshū | 21,7 | Ural, Nordsibirien |
| O2b-M176 | Ryūkyū-Inseln | 8,4 | Korea, Indonesien, Thailand, Vietnam |
| O2b1-47z | Ryūkyū-Inseln | 25,4 | Indon., Thail., Vietn., Mikronesien |
| Q-M242 | Mittel-Honshū | 8,4 | Zentralasien, Sibirien, Amerika |
Schließlich sind Wissenschaftler zu dem Schluss gekommen, dass der Genpool der Immigranten des Yayoi-Zeitalters, die vor 2.400 Jahren eingewandert waren, nur einen begrenzten Einfluss (wenn überhaupt) auf die Bevölkerung im Nordosten Honshūs oder die Hokkaidōs hatte, die schon seit dem späten Jōmon-Zeitalter dort lebte. Demzufolge ist die Abstammungslinie der späten Jōmon-Menschen und der Ainu weit von der der Menschen auf den japanischen Hauptinseln und des nördlichen Kyūshū entfernt. Denn diese stammen von anderen, kontinentalen Abstammungslinien ab [12].
Quellen
[1] Vgl. Kaifu, Yosuke; Izuho, Masami; Goebel, Ted et al.: Modern Human Dispersal and Behavior in Paleolithic Asia: Summary and Discussion. In: Kaifu, Y.; Izuho, M.; Goebel, T. et al.: Emergence and Diversity of Modern Human Behavior in Paleolithic Asia. College Station, Texas A&M University Press, USA 2015, S. 546, Fig. 35.1.
[2] Vgl. Lee, Jaehoon: The Relatedness between the Origin of Japanese and Korean Ethnicity. The Florida State University, College of Arts and Science, USA 2004, S. 16-19.
[3] Vgl. Katayama, Kazumichi: The Japanese as an Asia-Pacific Population. In: Denoon, D.; Hudson, M.; McCormack, G. and Morris-Suzuki, T.: Multicultural Japan: Palaeolithic to Postmodern. Cambridge University Press, Cambridge 1996, S. 19-22, 28.
[4] Vgl. Bae, C. J.; Bae, K.: Nature of the Early to Late Paleolithic transition in Koera: Current perspectives. In: Catto, N. R. et al. (Ed.): Quaternary International. Elsevier, Amsterdam 2012, S. 31f.
[5] Vgl. Morisaki, K.: Appearance of Hakuhen-Sentoki (HS Points) and Second Modern Human Migration into Kyushu, Japan. In: Kaifu, Y.; Izuho, M.; Goebel, T. et al.: Emergence and Diversity of Modern Human Behavior in Paleolithic Asia. College Station, Texas A&M University Press, USA 2015, S. 378, Fig. 26.2.
[6] Vgl. Kaifu, Y. et al., 2015, S. 553f. (siehe [1])
[7] Vgl. 神澤ほか(2016)「礼文島船泊縄文人の核ゲノム解析」第70回日本人類学大会.
[8] Vgl. The Japan Times (online): Decoding of Jomon woman’s genome suggests common ancestor unites Japanese and Han Chinese, 14.05.2019. Vgl. Archaeology News Network: DNA-Based Study Reconstructs Face Of Japanese Woman From 3,800 Years Ago. Abgerufen am 11. August 2020.
[9] Vgl. Kawagoe, Aileen: Origins of the Jomon, Jomon connections with the continent and with today’s Japanese; Heritage of Japan, 2007. Abgerufen am 10.08.2020.
[10] Vgl. Ebd.
[11] Vgl. Wikimedia: World Map of Y-Chromosome Haplogroups – Dominant Haplogroups in Pre-Colonial Populations with Possible Migrations Routes, Jan. 2019. Siehe auch wikipedia: Haplogruppe_O_(Y-DNA) und Haplogruppe_D_(Y-DNA).
[12] Vgl. Kawagoe, 2007 (siehe [9]).

