Heian-Zeitalter

Das Heian-Zeitalter

Das fast vier Jahrhunderte umspannende Heian-Zeitalter, als Heian-jidai (794–1185) bezeichnet, ist nach der Hauptstadt Heian-kyō benannt, die später zu Kyōto wurde.
Diese Epoche war eine kulturell und politisch ereignisreiche Zeit. Kulturell betrifft dies insbesondere den Kaiserhof, welcher eine Blüte der Hofkultur und schönen Künste erlebte. Politisch waren die Ereignisse vielschichtig, von Finanzproblemen bis hin zu Rebellionen. Sukzessive wurden die Machtverhältnisse neu geordnet. Die Kaiser mussten letztlich zusehen, wie der Kriegeradel die Regierungsgewalt übernahm.

Blüte der Hofkultur

Die Kultur am Kaiserhof erlebte im Heian-Zeitalter eine Hochzeit. Der höfische Lebensstil war geprägt von Ästhetik und Kunst. Die Kaiser und der Hofadel wetteiferten miteinander um den Ruf als Poeten und Mäzene der Kunst und Religion. Die schönen Künste erfuhren besondere Aufmerksamkeit, wobei neben Kalligraphie, Musik und Dichtung auch die dekorativen Künste gefördert wurden (Abb. 1).
Erhabene Residenzen des Hof- und Kriegeradels spiegelten den Stand der kunstvollen Architektur wider. Dabei verstand der Hofadel eine gewisse Nüchternheit und Einfachheit als Ausdruck aristokratischen Feingeistes. Das Dekorative lag hier im Detail und im Wesen war alles von einer gewissen Bescheidenheit geprägt. Vollendet wurden die Anwesen in der Hauptstadt von aufwendig angelegten Gärten.
Der Kriegeradel verfolgte hingegen einen anderen Weg. Prunk war ein Mittel, der Welt zu zeigen, dass man von Rang ist, in der Gunst des Hofes steht und daher Einfluss hat.

Abbildung von drei Gedichten des Fujiwara no Yukinari, Heian-Zeitalter
Abb. 1: Drei Gedichte des Fujiwara no Yukinari (Kōzei, 972–1027). Ausschnitt eines kakejiku 掛け軸 (hängende Bildrolle) 11. Jh. Typisch ist das renmeitai 連綿体 (ununterbrochne Form der Schrift) in Spalten auf ungleichmäßig mit Indigo gefärbtem Papier. Maße: 20,3 × 13,7 cm. Bildquelle: Metropolitan Museum of Art, New York (Public Domain).

Erwähnenswert ist der erste belegte Roman der Welt. Die Hofdame Murasaki Shikibu (978–1016) verfasste im 11. Jh. Genji monogatari (Geschichte des [Prinzen] Genji). Sie erzählt in ihrem Roman von den Höhen und Tiefen des Prinzen Genji und des höfischen Lebens ihrer Zeit (Abb. 2). Obwohl das Meiste an Handlung fiktiv ist, so werden doch einige historische Ereignisse erwähnt. Daher vermuten Historiker, dass Prinz Genji vielleicht tatsächlich existierte, und nur anders hieß.

Ausschnitt einer Szene des Genji monogatari, Hängerolle des 17. Jh.
Abb. 2: Szene aus Genji monogatari, Kapitel 22 “Eine schöne Girlande” auf einem kakejiku 掛け軸 (Hängerolle). Genji sitzt neben seiner Geliebten Murasaki. Tosa Mitsuyoshi 土佐光吉 (1539 – 1613), frühes 17. Jh. Ausschnittmaße: 24,4 × 21,3 cm. Bildquelle: Metropolitan Museum of Art, New York (Public Domain).

Kaisertum und Lehnswesen

Im Heian-Zeitalter entwickelte sich das japanische Lehnswesen. Die Kaiser vergaben Ländereien als Lehen an verdiente Gefolgsleute und Untergebene des Hofes. Dazu zählten auch entfernte Verwandte der kaiserlichen Familie, die auf Anordnung in die Provinzen umsiedeln mussten . Damit wurde die Feudalzeit eingeläutet. Das japanische Lehnswesen unterschied sich aber vom europäischen. Die Japaner orientierten sich am chinesischen System der regelmäßigen Neuverteilung von Land. Man unterband dadurch, dass die Lehen nach gewisser Zeit als Eigentum betrachtet wurden, im Sinne eines Gewohnheitsrechts.

Entstehung des Landadels

Aus dem ländlichen Hochadel gingen in der Folgezeit mächtige Sippen hervor, die sich zum Teil als Zeichen ihrer Emanzipierung selbst neue Namen gaben, z. B. mit Bezug auf den Sippengründer, das Kaiserhaus oder die Provinz. Später stellten sie die mächtigen Feudalfürsten, die im 16. Jh. Japan in den Bürgerkrieg stürzen sollten.
Neben den hochadeligen Lehensverwaltern lebten in den Provinzen auch die niederen Adelsfamilien. Im Gegensatz zum Lehensadel besaßen diese in der Regel ihr Land selbst und damit auch ein hohes Maß an Autonomie. Durch die lokalen Machtkämpfe zwischen den niederen Adelsfamilien hatten diese bereits vor der Heian-Zeitalter einen kriegerischen Charakter entwickelt, weshalb man sie buke (Kriegerfamilien) nannte. Die buke waren in ie (w. Häuser, Familien) unterteilt, mit dem Privileg einen Nachnamen zu führen.

Loyale Krieger

Die Loyalität der Krieger, als bushi bezeichnet, beruhte einerseits auf Blutsbanden und dem Glauben an einen gemeinsamen Ahnen. Andererseits erhielten professionelle Soldaten, die nicht Mitglieder der Familie waren, Lohn für treue Dienste. Obwohl sie Fremde waren, so waren sie doch sehr loyal. Das basierte auf einer konfuzianistischen, emotionalen Bindung zum Herrn, die einer Vater-Sohn-Beziehung glich. Die Krieger wurden im Heian-Zeitalter noch nicht samurai genannt. Damit bezeichnete man Diener oder bewaffnete Gefolgsleute eines Lehnsfürsten. Samurai entstand erst gegen Ende des 16. Jh. aus dem Wort saburai. Damit waren im Heian-Zeitalter noch die Hausbediensteten der Adeligen gemeint. Dieser Begriff leitet sich vom veralteten Verb saburau ab, was dienen oder bereitstehen, jmd. begleiten bedeutet[1].

Krieger und Generäle

Die buke gewannen zunehmend an Bedeutung und Macht, weil ihre Kriegskünste sie für den Kaiser unentbehrlich machten. Dieser hatte nämlich nur ein relativ kleines und wenig effektives stehendes Heer zur Verfügung. Im Bedarfsfall konnte er zwar auch die Bauern mobilisieren, von denen die meisten jedoch mehr schlecht als recht an der Waffe ausgebildet waren. So verhalfen die buke und ihre Krieger Ende des 8. Jh. Kaiser Kammu (reg. 781–806) zum Erfolg seiner Expansionsvorhaben im Norden Honshūs gegen die rebellischen Ainu/Emishi. Die bushi, als eine bewaffnete Elite (Abb. 3), erhielten dabei Führungssaufgaben und Provisionen sowie Fußsoldaten zugeteilt. Als besondere Anerkennung für den Anführer der Feldzüge im Nordosten wurde 794 erstmals der Titel des seii tai-shōgun verliehen. Die Kurzform shōgun bezeichnete in der Folge generell das höchste militärische Amt in Japan und bestand bis 1867 fort.

Abbildung eines Helms vom Typ hoshi kabuto 星兜 (Sternhelm)
Abb. 3: Genieteter Helm, Typ hoshi kabuto 星兜 (Sternhelm), 17./18. Jh. Stilistisch in Anlehnung an populäre Helme des 11.-13. Jh. Maße: (H) 38,1 cm, (D) 50,8 cm. Eisen, Kupfer, Leder, Gold, Seide und Lack. Bildquelle: Metropolitan Museum of Art, New York (Public Domain).

Kriegeradel

In der Folge beanspruchten die buke mehr und mehr Macht im Kaiserreich. Der Kaiser sah sich genötigt, diesem Anspruch nachzugeben. Er ernannte Mitglieder des niederen Adels zu Hofbeamten oder gar Provinzgouverneuren. Gegen Ende des Heian-Zeitalters erreichten die buke sogar militärische Anführerschaft und den Titel shōgun, der anfangs noch den hochadligen kuge vorbehalten war. Unter den aufstrebenden Kriegersippen entwickelten sich zudem teils offene Rivalitäten um Macht und Einfluss, wie bspw. zwischen den Taira und Minamoto. Beide Sippen beanspruchten für sich, die Nachkommen kaiserlicher Prinzen oder Prinzessinnen zu sein. Letztere verließen das kaiserliche Stammhaus mit der Eheschließung und gründeten eigene Familienzweige. Das Kaiserhaus würdigte sie mit der Verleihung nobler Nachnamen.

Macht des Hofadels

Neben diesen aufstrebenden Kriegersippen sind es die Hofadeligen, die in besonderem Maße die Politik und die Geschicke des Landes lenkten. Exemplarisch dafür steht im Heian-Zeitalter die Nakatomi-Sippe. Ihrem Oberhaupt wurde im Jahre 669 am Sterbelager durch den Kaiser der neue Nachname Fujiwara verliehen.
Neben ihrer Funktion als Priester für wichtige shintō-Zeremonien, stellten sie lange die Regenten für die Kaiser. Als Regenten führten sie im Namen noch minderjährigen Kaiser die Staatsgeschäfte. Ebenso waren sie Gouverneure oder Provinzfürsten und mit dem Kaiserhaus durch Eheschließungen verbunden. Als im 9. Jh. das sekkan-seiji genannte Regierungssystem das ritsuryō-sei ablöste, führte dies dazu, dass die Fujiwara auch noch über das Heian-Zeitalter hinaus Einfluss hatten.

Einfluss des Buddhismus

Neben Kriegern und Hofadel strebten auch die großen buddhistischen Tempel nach Macht im Staate. Die schon zuvor aufgekeimte Konkurrenz der verschiedenen buddhistischen Denkschulen um die höfische Gunst verstärkte sich, weil sie Ländereien vom Kaiser oder einflussreichen Hofaristokraten erhielten. Die Tempel schickten ihre Krieger als Lobbyisten auf das politische Parkett. Die sogenannten sōhei, vertraten nötigenfalls auch in Rüstung und mit der Waffe in der Hand die Interessen ihres jeweiligen Tempels. Die sōhei waren meist Arbeitskräfte im Dienste der Tempel. Darunter gab es Außenseiter, die auf die eine oder andere Weise durch das soziale Raster der Gesellschaft gefallen waren und in einem der Tempel Zuflucht gefunden hatten. Auch Gläubige, die sich als Laienmönche betätigten, waren unter den sōhei zu finden. Die Tempel fochten nicht allein um die Durchsetzung ihrer religiösen Lehre, sondern auch untereinander um ihre Stellung am und Einfluss auf den kaiserlichen Hof.

Abbildung einer Buddha-Figur, japanische Holzschnitzerei, Heian-Zeitalter
Abb. 4: Figur des Dainichi Nyorai 大日如来 (Glückseligkeitskörper des historischen Gautama Buddha). Sinnbild buddhistischer Frömmigkeit und Kunst des Heian-Zeitalters. Holzschnitzerei, 12. Jh., Maße: (H) 2,18 m. Bildquelle: Metropolitan Museum of Art, New York (Public Domain).

Niedergang kaiserlicher Macht

Finanziell war die Lage am kaiserlichen Hof in Kyōto schon zu Beginn des Heian-Zeitalters angespannt. Nicht zuletzt durch die zuvor mehrfache Verlegung des Regierungssitzes. Im Laufe der Epoche entwickelte sich die Lage zu einer Krise. Der Unterhalt für das stehende Heer und der Lebensstil des Hofadels belasteten die Staatskasse sehr. Auch die Finanzierung und Ausstattung der immer mächtiger werdenden buddhistischen Tempel trugen dazu bei. Für ihre religiösen Dienste, z. B. das Abhalten von Zeremonien für das Staatswohl, erwarteten diese eine Gegenleistung.
Mehr Steuereinnahmen mussten her. Diese sollten der auf das Land umgesiedelte Hochadel und der niedere Kriegeradel Mittels ihrer Lehen leisten. Steuern wurden überwiegend in Form des Grundnahrungsmittels Reis abgeführt. Provinzen, die wegen ungünstiger Bedingungen keinen Reis produzieren konnten, führten Seide als gewebten Stoff, Garn oder als Seidenflachs ab. Auch Tee, Eisen, Kupfer, Gold oder Silber zog der Staat als Steuer ein.

Aufstieg der Krieger

Die Quellen oder Produktionsstätten dieser begehrten Waren befanden sich aber meist in den ländlichen Gebieten, die vor allem die buke kontrollierten. Der hohe Landadel schaffte es von den Steuererhebungen verschont zu bleiben, weil einige Lehensverwalter mächtige Beamte am Hofe bestachen. Damit wollten sie aber nicht nur von Abgaben ausgenommen bleiben. Es ging auch darum, das System der regelmäßigen Neuverteilung von Lehen zu unterwandern.
Der niedere Landadel verfügte meist nicht über so gute Verbindungen in die Hauptstadt. Also verweigerte er forsch seine Zahlungen und setzte hierfür seine Krieger ein. Näherten sich die kaiserlichen Steuereintreiber den Lehen der buke, wurden sie nicht selten von den bewaffneten bushi erwartet und unverrichteter Dinge davongejagt. Solch rebellisches Verhalten war möglich, weil der Kaiser sich einen bewaffneten Konflikt mit den buke nicht leisten konnte. Der Kaiserhof verlor in den Provinzen immer mehr an Macht und geriet zunehmend in die Abhängigkeit der Kriegersippen.

Tempelregierung

Die mächtigsten Kriegersippen nutzten bisweilen ihren Machtzuwachs und Wohlstand. Sie errichteten noble Residenzen in bestimmten Vierteln von Kyōto. Schließlich waren einige von ihnen die Nachfahren kaiserlicher Prinzen und Prinzessinnen. Eben diese Bande sorgten dafür, dass manche sogar mit dem Einzug an den Kaiserhof kokettierten.
Letztlich begann der Niedergang der kaiserlichen Macht mit der Einführung des insei no sei im Jahre 1086 durch Kaiser Shirakawa (1053–1129), das über das Heian-Zeitalter hinaus Bestand hatte.

Dieses System sah vor, dass die betagten Kaiser sich in buddhistische Klöster zurückzogen, während die in der Regel minderjährigen Nachfolger nach außen durch mächtige Hofadelige als Regenten und Berater vertreten wurden, den sekkan. Dies ebnete den ranghohen Adelssippen den Weg zu einer zumindest temporären Übernahme der Macht im Reich, bis zur Volljährigkeit des Thronfolgers. Der nächste Schritt, sich die Macht auch noch danach am Hofe zu sichern, war das Einheiraten in die kaiserliche Familie. Dadurch legitimierten die Sippen ihr politisches Handeln. Alles was die Regenten unternahmen, geschah im Namen des Kaisers oder zumindest in seinem Interesse. Das dabei auch persönliche Ziele verfolgt wurden, war von geringer Bedeutung. Denn die Rechtmäßigkeit resultierte aus der Verwandtschaft mit der kaiserlichen Familie[2].

Der Kampf um Macht

Während die Person des Kaisers zwar lange Zeit von den Familien des Kriegeradels als unantastbar angesehen wurde, so waren aber die Macht und der Glanz des Hofes wiederum viel zu verlockend, um nicht zu usurpieren. Insbesondere die beiden bereits erwähnten Kriegersippen der Taira und der Minamoto buhlten um ihre Stellung am Hofe. Fatal war der Effekt des insei no sei, der unausweichlich zum Konflikt zwischen emeritiertem Kaiser, Thronfolger und Regenten führte. Denn die emeritierten Kaiser, als jōkō bezeichnet, übten aus den Klöstern heraus weiterhin noch viel Macht und Einfluss aus[3].
1156 kam es für das Kaisertum zum entscheidenden Interessenkonflikt zwischen zwei Brüdern, dem abgedankten Kaiser Sutoku (reg. 1123–1141) und dem regierenden Kaiser Go-Shirakawa (reg. 1155–1158). Diese Konfrontation begann mit einem Aufstand, dem Hōgen no ran (Abb. 4, 5).

Abbildung eines Paravents mit Motiven des Hōgen no ran, Heian-Zeitalter
Abb. 4: Hōgen no ran auf einem sechsteiligen byōbu 屏風 (Paravent). 17. Jh. Maße: 1,54 × 3,55 m. Bildquelle: Metropolitan Museum of Art, New York (Public Domain).
Abbildung des Ausschnitts des Paravents vom Hōgen no ran
Abb. 5: Szene des Hōgen no ran vom sechsteiligen Paravent (Abb. 4) Bildquelle: Metropolitan Museum of Art, New York (Public Domain).

Kaiser und Krieger

Die Situation war recht kompliziert, da sich aus den Reihen der höfischen Fujiwara-Sippe zwei Lager bildeten, die jeweils für einen der beiden kaiserlichen Brüder um Verbündete warben. Und das taten sie bei den rivalisierenden Kriegersippen der Taira und Minamoto. Die Lage schien unübersichtlich, weil beide Sippen waren kaiserlicher Abstammung und zudem durch Eheschließungen miteinander verbunden. Wer wem gegenüber loyal sein würde, richtete sich nicht nach der Blutsverwandtschaft. Es folgte ein bewaffneter Konflikt in Kyōto, bei dem sich Krieger beider Sippen auf beiden Seiten fanden. Obwohl dies absurd erscheinen mag, so war die Aussicht auf einen enormen Machtgewinn Motivation genug, auch gegen die Verwandten vorzugehen. Denn die streitenden kaiserlichen Brüder konnten außer Macht durch Titel und Ämter nicht viel bieten.

Sieg der Taira

Die Partei des Kaisers Go-Shirakawa gewann den Konflikt unter Führung des Kiyomori (1118–1181), dem Oberhaupt der Taira. Damit waren diese auf der Leiter der Macht deutlich aufgestiegen. Umso mehr beunruhigte sie das in den folgenden drei Jahren unbeirrte aufstrebenden der Minamoto. Die Missgunst führte zu einer Verschlechterung der Beziehungen und schließlich zum entscheidenden Machtkampf, dem Heiji no ran von 1159 (Abb. 6, 7). Erneut waren die Taira siegreich. Für Kiyomori kam der Aufstieg in die kaiserliche Regierung, indem ihm der Kaiser ein Kanzleramt verlieh. Kiyomori verschaffte auch verbündeten Verwandten hohe Posten. Zudem erhielt er weiteren Landbesitz[4].

Abbildung eines Paravents mit Motiven des Heiji no ran, Heian-Zeitalter
Abb. 6: Heiji no ran auf einem sechsteiligen byōbu 屏風 (Paravent). 17. Jh. Maße: 1,54 × 3,55 m. Bildquelle: Metropolitan Museum of Art, New York (Public Domain).
Abbildung des Ausschnitts eines Paravents mit dem "Heiji no ran"
Abb. 7: Szene des Heiji no ran vom Paravent (Abb. 6). Bildquelle: Metropolitan Museum of Art, New York (Public Domain).

Im Siegesrausch wurden auf Befehl von Kiyomori die noch minderjährigen Söhne des Gegners Yoshitomo, dem Anführer der Minamoto, durch Verbannung in entlegene Provinzen vom Tode verschont. Diese Milde gegenüber dem Feind sollten die Taira 25 Jahre später schon bereuen.

Das Ende des Heian-Zeitalters

Die inzwischen zu Männern herangewachsenen Söhne des YoshitomoYoritomo und dessen jüngerer Bruder Yoshitsune, entfesselten einen erneuten Krieg gegen ihre Erzfeinde. Im Jahre 1180 entfachten die Brüder den Gempei-gassen. Der Name dieses Konflikts setzt sich aus den Schriftzeichen der Familiennamen Minamoto und Taira zusammen. 1185 besiegten die Minamoto ihre Gegner. Ein Grund für ihren Triumph mag wohl die zunehmende Dekadenz der Taira gewesen sein, die sich immer mehr zu Höflingen entwickelt hatten. Der Kaiser war nun gezwungen Yoritomo, dem neuen Anführer der siegreichen Minamoto, als der stärksten militärischen Macht im Staate den Titel shōgun zu verleihen.

Dieses Ereignis markiert das Ende des Heian-Zeitalters. Gleichzeitig bedeutete es für das Kaisertum den völligen Verlust politischer Macht. In der Folgezeit waren die Kaiser nur noch Marionetten der jeweils herrschenden Kriegersippe(n), wobei aber ihre symbolische und religiöse Bedeutung ungebrochen blieb.

Japanische Begriffe und Schriftzeichen

Buke 武家 (Kriegerfamilien)
Bushi 武士 (Krieger, Kämpfer)

Fujiwara 藤原, auch: Tōshi 藤氏 (Fujiwara-Sippe)

Gempei-gassen/Genpei-gassen 源平合戦 (Gempei-Krieg)
Genji monogatari 源氏物語 (Geschichte des [Prinzen] Genji)
Go-Shirakawa ten‘nō 後白河天皇 (Kaiser Shirakawa II.)

Heian 平安(Friede, Ruhe, Stille)
Heian-jidai 平安時代 (Friedenszeitalter)
Heian-kyō 平安京 (Friedenshauptstadt)
Heiji no ran 平治の乱 (Heiji- Rebellion): Heiji Ära 1159–1160
Hōgen no ran 保元の乱 (Hōgen-Rebellion): Hōgen Ära 1156–1159

Ie 家 (w. Haushalt, Haus, Familie)
Insei no sei 院政の制 (Tempelregierung)

Jōkō 上皇 (Kaiser Emeritus)

Kammu/Kanmu ten’nō 桓武天 (Kaiser Kammu)

Minamoto源 (Ursprung), auch: Genji源氏 (Minamoto-Sippe)
Murasaki Shikibu 紫式部

Nakatomi 中臣, auch: Nakatomi-shi 中臣氏 (Nakatomi-Sippe)

Ritsuryō-sei 律令制 (Straf-, Verwaltungs- und Zivilrecht) nach chinesischem Vorbild

Samurai 侍 (w. Diener, bewaffneter Gefolgsmann eines Lehensfürsten)
Seii tai-shōgun 征夷大将軍 (w. Oberbefehlshaber der Armee zur Unterwerfung der Barbaren)

Sekkan 摂関 (Regenten, Berater)
Sekkan-seiji 摂関政治 (w. Regierung der Berater)
Shintō 神道 (w. Weg der Götter): japanischer, animistischer Kult
Shōen 荘園 (Lehen, Landgüter)
Shōgun 将軍 (w. oberster Befehlshaber der Armee)
Shugo 守護 (w. Beschützer)
Sōhei 僧兵 (w. Mönchskrieger)
Sutoku ten‘nō崇徳天皇 (Kaiser Sutoku)

Taira 平 (Friede), auch: Heike平家 oder Heiji平氏 (Taira-Sippe)

Yoritomo 頼朝 (Minamoto no Yoritomo 源頼朝)
Yoshitomo 義朝 (Minamoto no Yoshitomo 源義朝)
Yoshitsune 義経 (Minamoto no Yoshitsune 源義経)

Quellen

[1]   Vgl. Sato, Hiroaki: Legends of the Samurai. The Overlook Press, Woodstock & New York 1995, S. XVIf.

[2]   Vgl. Varley, Paul H. and Morris, Ivan: The Samurai. Penguin Books Ltd., Harmondaworth, Middlesex, England 1974, S. 48 u. 51.

[3]   Vgl. Kure, Mitsuo: Samurai. Bushido – Der Weg des Kriegers. 1. Aufl., Motorbuch Verlag, Stuttgart 2006, S. 32f.

[4]   Vgl. Hall, John Whitney: Das Japanische Kaiserreich. Fischer Taschenbuch Verlag, Fischer Weltgeschichte, Bd. 20, 15. Auflage, Frankfurt a. M. 2009, S. 86f.
Vgl. Varley u. Morris, 1974, S. 44.