Regierungsform

Japans Regierungsform

Japans Regierungsform ist die einer parlamentarischen Demokratie. Ähnlich wie in vielen westlichen Ländern und von diesen beeinflusst, wird dies in der Nachkriegsverfassung des Landes von 1946 festgelegt.
Jedoch hat die Demokratie historisch gesehen in Japan keine Tradition. Zwar gab es im 16. Jh. rebellische Dorfgemeinschaften, die wie Quasi-Demokratien agierten. Denn sie wandten sich gegen die Herrschaft der Feudalfürsten. Trotzdem blieb das restliche Land stets ein von Feudalfürsten und dem shōgun diktatorisch regiertes Reich.
Aufgrund dieser Geschichte unterscheidet sich Japans heutige Demokratie in einigen Punkten von westlichen Vorbildern.

Regierung und Parlament

Die legislative Regierungsgewalt übt ein Premierminister als Regierungschef aus. Dem Premierminister untersteht ein Kabinett an Ressortministern. Ebenso sind der Premier, die Minister und weitere Abgeordnete Mitglieder des Parlaments, dem sogenannten kokkai (w. Nationalversammlung, Abb. 1). Zudem besteht das Parlament aus zwei Kammern. Schließlich werden die Abgeordneten vom Volk gewählt. Obwohl die meisten Abgeordneten Parteien angehören, gibt es auch unabhängige Mitglieder des Parlaments.
Weil der Kaiser lediglich ein Symbol für Staat und Nation ist, üben allein die gewählte Regierung und das Parlament im Namen des Volkes politische Macht aus.

Japanisches Parlamentsgebäude in Tōkyō
Abb. 1: Das 1936 fertiggestellte Parlamentsgebäude in Tōkyō, das auf einem Entwurf von Watanabe Fukuzo basiert.

Regierungswappen

Zwar hat Japan eine Nationalflagge, zudemr gibt es aber noch das Wappen/Siegel der Regierung. Während die Nationalflagge international für Japan steht, repräsentiert das Wappen/Siegel hingegen insbesondere das Büro des Premierministers nach außen. Bspw. in den Medien. Bei diesem Symbol handelt es sich um die Blüte der Paulownia. In Europa auch als Blauglockenbaum bekannt.

Wappen des japanischen Premierministers und der Regierung
Abb. 2: Die Paulowniablüte als Wappen des Büros des japanischen Premierministers und damit der Regierung.

Die Paulowniablüte mit Blättern war einst das persönliche Wappen des Kaisers.
Es wird als go-shichi-kiri (w. fünf- u. siebenfache Blütenknospen der Paulownia) bezeichnet (Abb. 2). Allerdings würdigte das Kaiserhaus besondere Persönlichkeiten damit, ihnen das Recht zu verleihen dieses Wappen zu führen. So wurde es schließlich das kamon (w. Familienwappen) des Reichseiners Toyotomi Hideyoshi im 16. Jh.
Daher ist die Paulownia heute auch das offizielle Symbol des Büros des Premierministers und damit der Regierung des japanischen Staates. Infolgedessen findet erscheint es auf einer Vielzahl amtlicher und behördlicher Dokumente. Bspw. in Reisepässen, auf Ausweisen, Formularen oder Regierungsmitteilungen. Die Farbe der Blüte kann zwar variieren, aber die Form ist immer identisch. Immerhin ist das Siegel/Wappen auch als Ermächtigung der Regierung zu verstehen. Weil laut Verfassung bestätigt der Kaiser die Regierung in ihrem Amt und erteilt ihr den Regierungsauftrag.

Kammern des Parlaments

Die zentrale Institution der Regierungsform ist also das Parlament (kokkai). Die zwei Kammern sind das Unterhaus oder shūgiin (w. Haus der debattierenden Masse) und das Oberhaus, auch als sangiin (w. Haus der Räte) bezeichnet (Tab. 1 & 2). Sowohl das Unterhaus wie auch das Oberhaus entscheiden gemeinsam über Gesetze, Verfassungszusätze, Verträge, den Haushalt und wählen den Premierminister. Jedoch kann im Streitfall das Unterhaus das Oberhaus mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit überstimmen. Falls nötig, können beide Kammern Untersuchungsausschüsse einrichten, über Petitionen beraten oder Funktionsträger bestimmen.
Zudem hat das Oberhaus Fristen bei Vorgängen zu beachten, wenn diese seiner Zustimmung bedürfen. Ist die Frist ohne Entscheidung vorüber, dann gilt der Beschluss des Unterhauses. Hierdurch ist das Unterhaus das dominante Organ, wenn es um Gesetze geht. Darin kann man es mit dem deutschen Bundestag vergleichen.
Außerdem beinhaltet diese Regierungsform, dass alle Mitglieder beider Kammern für vier Jahre in ihr Amt gewählt werden. Die Sitzungsperiode beider Kammern dauert 150 Tage (beginnend im Januar eines Jahres). Besondere Sitzungen nicht einbezogen.

Das Unterhaus

Unterhaus (衆議院 shūgiin)
(Fraktionsnamen, 会派名 kaiha-mei)
Sitze gesamt (Frauen)
自由民主党 Jiyūminshutō (Liberaldemokratische Partei)*261 (20)
公明党 Kōmeitō (Gerechtigkeitspartei)*32 (4)
立憲民主党  無所属 Rikken-Minshutō to Mushozoku (Konstitutionell-demokr. Partei und Unabhängige)97 (13)
日本維新の会 Nippon Ishin no kai (Restaurationspartei Japans)40 (4)
国民民主党 Kokumin Minshutō (Demokr. Volkspartei)10 (1)
日本共産党 Nihon Kyōsantō (Kommunistische Partei Japans)10 (2)
無所属 Mushozoku (Unabhängige/Fraktionslose)5 (0)
有志の会 Yushi no kai (Gesellschaft der Unterstützer)5 (0)
令和新選組 Reiwa Shinsengumi (Hüter des Gesetzes des Friedens)3 (2)
Regierungskoalition293 (34)
Oppositionsparteien170 (22)
Verfügbare Sitze / unbesetzte Sitze465 / 2
Abgeordnete gesamt / Frauen463 / 46
Tab. 1: Sitzverteilung im Unterhaus nach Parteien/Fraktionen[1].

Das Oberhaus

Oberhaus (参議院 sangiin)
Fraktionsnamen会派名 kaiha-mei)
Sitze gesamt (Frauen)
自由民主党 Jiyūminshutō (Liberaldemokratische Partei)*118 (23)
公明党 Kōmeitō (Gerechtigkeitspartei)*27 (4)
立憲民主党 と 社会民主党 Rikken-Minshutō to Shakai Minshutō (Konstitutionell-demokr. Partei und Sozialdemokr. Partei)40 (19)
日本維新の会 Nippon Ishin no kai (Restaurationspartei Japans)21 (4)
国民民主党 と 新緑風会 Kokumin Minshutō to Shinryokufūkai (Demokr. Volkspartei und Neue Sommerwind-Versammlung)13 (4)
日本共産党 Nihon Kyōsantō (Kommunistische Partei Japans)11 (5)
無所属 Mushozoku (Unabhängige/Fraktionslose)9 (4)
令和新選組 Reiwa Shinsengumi (Hüter des Gesetzes des Friedens)5 (1)
NHK党 (NHK Partei: Partei gegen den öffentlichen TV-Sender NHK)2 (0)
沖縄旋風 Okinawa Senpū (Okinawa Wirbelwind)2 (0)
Regierungskoalition145 (27)
Oppositionsparteien103 (37)
Verfügbare Sitze / unbesetzte Sitze248 / 0
Abgeordnete gesamt / Frauen248 / 64
Tab. 2: Sitzverteilung im Oberhaus nach Parteien/Fraktionen[2].

Kampf der Worte und Fäuste

Wird von der Regierungsform geredet, dann geht es tatsächlich auch um die Form des Debattierens. Japaner sind sehr gesittete Menschen, weil gutes Benehmen und die Einhaltung der Etikette im sozialen Umgang stets wichtig sind. Folglich wird in Japan ein Streit zwischen zwei Parteien gewöhnlich durch Gespräche und schließlich einen Konsens bereinigt. Also würde man solches Verhalten gerade in einem Parlament erwarten. Immerhin gilt, dass, wer rumbrüllt oder um sich schlägt, gewöhnlich im Unrecht ist.
Allerdings ist das im Parlament Japans nicht immer der Fall. Hier kann ein Wortgefecht plötzlich zur Schlägerei werden. Dieser geht meist eine hitzige Debatte voraus. Besonders bei strittigen Themen, wie z. B. der Änderung der pazifistischen Verfassung oder dem Ausbau der japanischen Streitkräfte. Seit 1945 gab es immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Regierungsmitgliedern und Opposition. Dies ist quasi Teil der parlamentarischen Kultur geworden (siehe Video).

Video: Handgreiflichkeiten im japanischen Parlament am 17.09.2015. Grund war der Antrag des Oppositionsvorsitzenden Yoshitada Konoike, ohne Aussprache über das umstrittene Sicherheitsgesetz abzustimmen.

Quellen

[1] Website des Japanisches Unterhauses (衆議院), 08.11.2022.

[2] Website des Japanisches Oberhauses (参議院), 08.11.2022.

Bildquellen

Abb. 1: (Parlamentsgebäude/国会議事堂) Bildquelle: wikipedia; Bildautor: つ (tsu), 31.12.2005. (CC-BY) Creative Commons, Attribution-Share Alike 3.0 Unported.

Abb. 2: (Paulownia/桐) Bildquelle: wikimedia commons; Bildautor: Sakurambo, 26.7.2007. (CC-BY) Creative Commons, Attribution-Share Alike 3.0 Unported.

Videoquellen

Video (Handgreiflichkeiten im Parlament) Quelle: euronews. Gefunden auf YouTube. Hinweis: Die Rechte am Video liegen bei euronews. Das Video dient hier allein dem Zweck der Veranschaulichung der oben aufgeführten Sachverhalte!