Takeshima

Eine Felsengruppe als Streitobjekt

Ein seit 1953 schwelender Grenzkonflikt ist der Streit Japans mit der Republik Korea (Südkorea) um eine Felsengruppe im Japanischen Meer. Schon die Bezeichnung „japanisches Meer“ empfinden die Koreaner als Provokation, weshalb sie die Bezeichnung Ostmeer vorziehen. Auf halbem Weg zwischen den Küsten Südkoreas und Japans (Präfektur Shimane), befinden sich die von beide Staaten beanspruchten Felsen. In Südkorea spricht man offiziell von den Dokdo und in Japan seit 1905 von Takeshima. In Europa kennt man sie als Liancourt-Felsen. Namensgeber für den europäischen Namen war das französische Walfangschiff Liancourt, dass 1849 im Japanischen Meer (Ostmeer) unterwegs war und die Felseneilande sichtete.

Wem gehört Takeshima?

Die Liancourt-Felsen rückte im 17. Jh. erstmals in den Fokus beider Länder. Die Felsen bildeten ursprünglich zusammen mit der koreanischen Insel Ulleung (Ulleungdo), auf Japanisch erst Utsuryō und dann Takeshima genannt, die Matsushima-guntō. Zwei japanische Kaufleute wollten schon damals Nutzungsrechte an der Insel Ulleungdo erwirken, die sich einige Seemeilen der Felsen befindet. und wandten sich an ihre Regierung. Eine diesbezügliche Anfrage der Regierung in Edo (dem heutigen Tōkyō) wurde von Korea abgelehnt. Die Regierung in Edo untersagte den Kaufleuten das weitere Anlaufen Ulleungdos, nicht aber der Felsengruppe auf dem Weg dorthin (siehe Karte).
Noch vor Japans Annexion Koreas, hatte der koreanische Kaiser im Jahre 1900 per Edikt amtlich festgelegt, dass Dokdo Teil des Verwaltungsdistrikts Ulleungdo ist [1]. Darauf beruht Südkoreas Anspruch.

Japan annektiert Korea

1910 annektierte Japan die koreanische Halbinsel als Kolonie, womit auch Takeshima als japanisches Staatsgebiet angesehen wurden. Nach den Sieg der Alliierten über Japan 1945 wurden viele der außenliegenden Inseln Japans unter die Verwaltung der Besatzungsmacht USA gestellt. Merkwürdig ist die Tatsache, dass die USA die Liancourt-Felsen zwar unter südkoreanische Kontrolle stellten, diese aber weiterhin als japanisches Gebiet betrachteten. Laut Artikel 2 des Friedensvertrags von San Francisco wurde 1951 festgelegt, das Japan auf alle Gebietsansprüche gegenüber Korea verzichtet. Nur drei Inseln betraf dies aber konkret und Takeshima ist nicht darunter. Seit dem Koreakrieg 1953 gehören die Felsen der Republik Korea (Südkorea), obwohl Japan sie beansprucht.

Karte: Die Liancourt-Felsen im Japanischen Meer (Ostmeer), Takeshima/Dokdo
Karte: Die Liancourt-Felsen im Japanischen Meer, auch als Take-shima oder Dokdo bezeichnet. © Marko Matijević, nippon-info.de, 2019.

Südkorea besetzt Takeshima

Südkorea richtete 1953 eine Küstenwachstation auf einem der zwei größten Felsen ein (siehe Abb.). Die Japaner reagierten prompt und vertrieben das koreanische Personal, aber ohne selbst eine Mannschaft dort zu stationieren. Die Koreaner nahmen 1954 die Felsen erneut in Besitz. Der wiederholte Versuch der Japaner, die koreanische Mannschaft zu verjagen, wurde diesmal gewaltsam abgewehrt.
Japan begründet seitdem seinen Anspruch auf die Felsen mit der Geschichte. Das alte koreanische Königreich Silla habe lange nicht von der Existenz der Felsen gewusst und diese erst später auf Karten auch noch falsch eingetragen, so die japanische Argumentation.

Die zwei großen Eilande der Liancourt Felsengruppe
Abb.: Die zwei großen Eilande der Liancourt Felsengruppe. Rechts der östliche große Fels mit der südkoreanischen Station. Bildquelle: pixabay.com, Autor: Aldebaran TM.

Nationalistische Propaganda statt Diplomatie

Nationalistische Stimmen gibt es auf beiden Seiten, die mit aufdringlich lauter Propaganda den Anspruch auf die Liancourt-Felsen erheben. Nicht immer handelt es sich um staatliche Propaganda. Auch Privatpersonen und Gruppierungen nutzen dafür Medien wie das Internet.
Die Präfektur Shimane in Japan, von wo aus die Felsen einst verwaltet wurden, hat am 22. Februar 2005 den Takeshima-Tag eingeführt. Dies führte zu massiven Protesten in Südkorea. In Japan nehmen keine hochrangigen Regierungsvertreter an solchen nationalistischen Kundgebungen teil, um keine “Öl ins Feuer” zu gießen. Im Gegenzug hat die „Dokdo Wache“, eine private südkoreanische Organisation, den 25. Oktober zum Dokdo-Tag erklärt, um das öffentliche Interesse an den Liancourt-Felsen zu fördern.
Japan versucht seit 1954 diese Angelegenheit mit Diplomatie zu regeln, indem es die Lösung durch ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs anstrebt. Für Südkorea ist aber klar – es gibt nichts zu verhandeln [3].

Drohgebärden

Daher erwog Tōkyō im August 2012, die erst 2011 mit Südkorea getroffenen Vereinbarungen zum Wechselkurs der beiden Währungen und den stützenden Ankauf von südkoreanischen Staatsobligationen infrage zu stellen. Um den Anspruch auf die Felsen zu unterstreichen, hielten Spezialeinheiten der südkoreanischen Armee und Küstenwache am 25. Oktober 2013 eine gemeinsame Landungsübung ab. Dies sollte die Entschlossenheit der Republik Korea verdeutlichen, diese Inseln mit allen nötigen Mitteln zu verteidigen und auf eine gewaltsame Einnahme durch japanische Kräfte zu reagieren. Japan protestierte gegen diese Art der Drohung [4].

Der wirtschaftliche Aspekt

Die Gewässer um die Liancourt-Felsen sind reich an Fisch. Jedoch erklärt dies nicht das besondere Interesse an ihnen. Auch nicht den Jahrzehnte langen Streit um sie. Und das selbst bei traditionell viel Fisch konsumierenden Koreanern und Japanern. Es ist das Methanhydrat, dass in großen Mengen auf dem Meeresgrund vorhanden sein soll [5].
Das in Eis eingefrorene Methangas ist eine ergiebige Energiequelle und weckt Begehrlichkeiten. Deshalb sind Südkorea und Japan in ihrem Anspruch auf diese unwirtlichen Felsen so unnachgiebig. Außerdem erweitert sie die Ausschließliche Wirtschaftszone des jeweiligen Staates (siehe LINK). Voraussetzung hierfür ist, dass der Anspruch ableiten lässt, der auch nach internationalem Recht wird.

Japanische, koreanische Begriffe und Schriftzeichen

Shimane-ken 島根県 (Präfektur Shimane)
Dokdo/Dogdo 독도 (einsame Inseln): Kor. Name der Liancourt-Felsen
Takeshima 竹島 (Bambus-Inseln): Auch Takeshima, jap. Name der Liancourt-Felsen
Utsuryō 鬱陵: Jap. Name für die kor. Insel Ulleungdo
Matsushima-guntō 松島群島 (Inselgruppe der Kieferninseln)
Ulleungdo 울릉도 (schwermütiger Hügel-Insel)

Quellen

[1] Vgl. Außenministerium Japans 日本国外務省: Eine Klarstellung, warum Takeshima japanisches Territorium ist! 10 Punkte zur Takeshima-Problematik. Tokyo, 2014, S. 5f u. 19ff. (abgerufen: 03.06.2021)
https://www.de.emb-japan.go.jp/territory/takeshima/pdfs/takeshima_point.pdf
Vgl. Lee, Hana u. Min, Yea-Ji: Südkorea feiert am 25. Oktober den Dokdo-Tag. Korea.net, Seoul, 25.19.2019.
https://german.korea.net/Government/Current-Affairs/Others/view?articleId=178485&subId=258&affairId=135&pageIndex=1&viewId=51159

[2] Vgl. Außenministerium Japans 日本国外務省: Eine Klarstellung, warum Takeshima japanisches Territorium ist! 10 Punkte zur Takeshima-Problematik. Tokyo, 2014, S. 5f u. 19ff. (abgerufen: 03.06.2021)

[3] Vgl. Japan Today: Japan stages annual rally over disputed islands with S Korea. Tokyo, 23.02.2013. Vgl. Lee, Hana u. Min, Yea-Ji: Südkorea feiert am 25. Oktober den Dokdo-Tag. Korea.net, Seoul, 25.19.2019.

[4] Vgl. Japan Today: Japan hints at economic action in S Korea isle feud. Tokyo, 21.08.2012. Ders.: S Korea rejects Japan’s proposal to take isle dispute to int’l court. Tokyo, 22.08.2012. Ders.: Japan protests against South Korean drill on disputed islands. Tokyo, 26.10.2013.

[5] Vgl. Der Standard: Japan und Korea sprechen über umstrittene Inselgruppe. Wien, 16.06.2006. Vgl.