Yayoi-Zeitalter

Was ist das Yayoi-Zeitalter?

Das Yayoi-Zeitalter, japanisch als Yayoi-jidai 弥生時代 bezeichnet (ca. 3. Jh. v. Chr. – 3. Jh. n. Chr.), steht für eine bedeutende Weiterentwicklung der Kultur auf den japanischen Inseln. Yayoi bedeutet „zunehmendes Leben“, was in mancher Hinsicht zutreffend ist. Hier ereignete sich ein erster Entwicklungsschub, der sich in entscheidenden kulturellen Veränderungen widerspiegelt. Und diese können als der eigentliche Ursprung der japanischen Kultur bezeichnet werden.

Kultur des Yayoi

So führten die Veränderungen zur Ausbildung der japanischen Gegenwartssprache, zu den bis heute geltenden religiösen Riten und der heutigen Gesellschaftsform.
Künstlerisch drückt sich diese in Keramikgefäßen aus rötlichem Ton aus, die erstmals auf einer Drehscheibe geformt wurden. Sie sind hart gebrannt und weisen (fast) kein Dekor mehr auf (siehe Bild 1).

Abbildung eines Tongefäßes des Yayoi-Zeitalters, ca. 100–300 n. Chr.
Bild 1: Tongefäß der Yayoi-Epoche, ca. 100–300 n. Chr. Maße: 25,4 x 22,9 cm. Material: gebrannter Ton. Fundort: Region um Nagoya. Bildquelle: Metropolitan Museum of Art, New York.

Aus China wurde in dieser Zeit der Anbau von Reis in Nassfeldern eingeführt, samt der nötigen Werkzeuge und den mit dieser Anbauweise verbundenen Rituale und Kultur. Auch das halten von Haustieren, wie Schweinen und Hühnern, wurde vom Kontinent übernommen und ergänzte die Lebensgrundlage. Damit war auch die grundlegende Umstellung zu einer Agrargesellschaft vollzogen. Steingeräte wurden nun durch den Metallguss von Eisen und Bronze weitgehend ersetzt, woraus auch Kultgegenstände wie Bronzeglocken, Spiegel und Waffen (Schwerter und Lanzen) hergestellt wurden. In der heutigen Präfektur Saga auf der Insel Kyūshū im Süden Japans sind Überreste einer ersten befestigten Siedlung gefunden worden (siehe Bild 2), die wohl lange Bestand hatte.

Abbildung von Hütten einer rekonstruierten Yayoi-Siedlung, Präfektur Saga.
Bild 2: Rekonstruktion einer Siedlung des Yayoi-Zeitalters, mit Häusern im tateana-Stil im Vordergrund, dahinter im takayuka-Stil. In Yoshino-gari, Präfektur Saga. © Yoshino Historical National Government Parks/© JNTO.

Siedlungsbau im Yayoi-Zeitalter

Die Siedlungen weisen bereits auf weiterentwickelte Fähigkeiten in der Baukunst hin. Man unterschied Gebäude nach ihrer Zweck. Es gab Wohnhäuser und Werkstätten, die noch wie im Jōmon-Zeitalter meist in Gruben eingelassen waren. Speicher und sakrale Gebäude wurden auf Pfeiler gesetzt. Rekonstruktionen archäologischer Funde legen nahe, das viele zu jener Zeit verwendete Techniken in mehr oder minder unveränderter Form fortgeführt wurden. Das trifft für die Dächer der im tateana-shiki 竪穴式 (w. Stil des länglichen Lochs) erbauten Grubenhäuser (Bild 2) oder der im takayuka-shiki 高床式 (w. Stil des erhobenen Bodens) errichteten Speicher auf Pfeilern (siehe Bild 3). Letzterer wurde zum Vorbild für shinmei-zukuri 神明造 (w. Baustil der Götter), der später für viele shintō-Heiligtümer typisch wurde (siehe Bild 4).

Abbildung rekonstruierter Speicher der Yayoi-Zeit, Präfektur Saga.
Bild 3: Rekonstruktion von Speichern des Yayoi-Zeitalters im takayuka-Stil in Yoshino-gari. Präfektur Saga. © Yoshino Historical National Government Parks/© JNTO.
Abbildung des Mishine no mikura im Ise-daijingū.
Bild 4: Mishine no mikura im Ise-daijingū. Die Übernahme der uralten Bauweise aus dem Yayoi-Zeitalter ist im shinmei-Stil deutlich erkennbar. © Austin Smith, Impressionsofeastasia.com.

Größere Siedlungen folgten einer Raumordnung bei den Gebäuden, je nach Funktion. Für Arbeit, Ritual, Lagerung oder Wohnen gab es Gebäude, denen eine bestimmte Position innerhalb der Siedlung zugeordnet war. Die wichtigen Gebäude, für Rituale, Zeremonien oder Versammlungen bildeten anscheinend das Zentrum. Um diese herum ordneten sich Arbeits- und Wohnhütten an. Die Speicher bildeten einen äußeren Ring oder Bereich, der an die Palisaden reichte. Besonders wichtige Bereiche im Inneren konnten nochmals durch Palisaden abgegrenzt sein. Dazwischen gab es immer wieder Freiflächen. Auch Felder konnten sich innerhalb wie außerhalb der Siedlung befinden (siehe Bild 5).

Abbildung einer rekonstruierten Siedlung des Yayoi-Zeitalters, Präfektur Saga.
Bild 5: Gesamtansicht der rekonstruierten Siedlung in Yoshino-gari, Präfektur Saga. Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Yoshinogari_Ancient_Ruins_ 2008.jpg. Autor: ja:User:Sanjo.

Bildung der Sprache

Neben all den Kulturimporten vom Kontinent, begann sich im Yayoi-Zeitalter auch die japanische Sprache auszubilden. Bis dahin, so nehmen Wissenschaftler an, sprachen die Menschen auf den Inseln noch keine einheitliche Sprache. Im Jōmon-Zeitalter, so wird vermutet, gab es noch verschiedene Sprachen. Stämme unterschieden sich regional nach der Sprache oder auch nur einem Dialekt. Die Unterschiede waren vermutlich verschieden ausgeprägt. Anhand der heutigen Standardsprache und den diversen Dialekten des Japanischen haben Linguisten eine Reihe von Einflüssen festgestellt. Diese untermauern teils die Ein- und Zuwanderung verschiedener Populationen in der frühen Geschichte Japans. So z. B. polynesische Einflüsse.

Ein neuer Menschentyp

Bemerkenswert sind archäologische Yayoi-Menschenfunde. Diese deuten auch auf eine anthropologisch Veränderung hin. Ein genetischer Vergleich von Skeletten weist physiologisch zwei Menschtypen nach. Der eine ist der Jōmon-Typ. Der andere Typ stammte aus Südchina auf dem kontinentalen Festland. Deshalb nehmen Wissenschaftler an, dass dieser Typ wahrscheinlich durch Migration und Vermischung mit dem Jōmon-Menschen entstand. Eine These geht auch von einer evolutionären Veränderung aus, hervorgerufen durch die Umstellung der Ernährung und des Lebensstils. Es gibt auch die Annahme, dass die Yayoi-Kultur im Südwesten sich als dominanter erwies und die noch vorhandene Jōmon-Kultur quasi überlagerte und sich ausbreitete[1].

Verlagerung des Zentrums

Die Jōmon-Kultur breitete sich über weite Teile Japans aus. Ihr geografischer Schwerpunkt aber war vor allem der Nordosten (Zentral-Honshū bis Hokkaidō). Hingegen lag das Zentrum oder die “Wiege” der Yayoi-Kultur im Südwesten Japans. Hierfür kommen aber gleich zwei Regionen in Frage, das nördliche Kyūshū oder die Kansi-Region auf Honshū. Wo genau, bleibt bisher jedoch noch unklar. Denn in dem Raum dazwischen gab es eine Anzahl an Siedlungen, die eine genaue Ortsbestimmung erschweren.

Das Volk der Wa

Diese junge Kultur stand im Schatten des großen China, das dieses kleine Volk als Wa 矮 (w. Zwerg) bezeichnete und von ihm Tribut forderte. Zwar bezeichneten sich die Inselbewohnern selbst als Wa, was aber in ihrer Sprache eine ganz andere Bedeutung hatte als in China. Im Japanischen steht er für Harmonie oder Friede. In China wurde dies aber aufgrund der Lautgleichheit anfangs mit dem Schriftzeichen für „Zwerg“ oder „klein“ geschrieben. Eine recht willkürliche und politische Aussage, wenn man so will, die ausdrückte wie China diesen Nachbarn im Vergleich wahrnahm: als unbedeutend und winzig. Oder zumindest dem eigenen Reich nicht ebenbürtig. Also eine Art des Deminutivs.

Die Wa suchten nach Anerkennung durch das mächtige China, das bereits ein hoch entwickeltes Kaiserreich war. Und selbst wenn die mächtigen Nachbarn sie abschätzig als Zwerg bezeichneten. Somit war der gegenüber China geleistete Tribut aus Sicht der Wa im Grunde kein Zwang, sondern vielmehr eine Ehre. Denn so wurde auch dieses kleine Volk neben all den anderen Völkern vom mächtigen China letztendlich doch als wichtig aufgewertet. Erst mit der Einführung der chinesischen Schrift in Japan, später im 5. Jh., nutzten die Japaner das Schriftzeichen für Harmonie oder Friede 和, wenn sie sich auf ihr eigenes Land bezogen.

Die Wa und das antike China

Aus dem chinesischen Wèi zhì [Wej dschi] 魏志, der Chronik des Wèi-Reichs aus dem Jahr 188, erfährt man unter dem Titel „Berichte von den östlichen Barbaren“, dass die Länder oder Provinzen der Wa, auf Japanisch allgemein als kuni 国 bezeichnet, von einer Königin Namens Himiko 卑弥呼 (ca. 170–248) aus dem Land Yamatai (Yamatai-koku 邪馬台国 oder 耶馬台国) regiert wurden. Eingesetz wurde die noch jugendliche Himiko von den Oberhäuptern der Yamatai-Stämme. Sie wird als eine Art Hohepriesterin beschrieben, die Mittels Magie ihre Untertanen beherrscht haben soll. Wahrscheinlicher ist jedoch, das sie eine Schamanin war, spirituelle Mittlerin, von der man glaubte, dass durch sie die Götter ihren Willen mitteilten. In dieser Funktion und als Frau war Himiko auch mit Tabus belegt.

Für Handlungen, die sie nicht ausführen durfte, hatte sie ihren Bruder und Dienerinnen. Diese schirmten Himiko vom Volk und Bittstellern ab. Wenn notwendig, trat ihr Bruder vor das Volk und verkündete die Worte seiner Schwester und umgekehrt, womit er faktisch der politische Regent war.
Chinesische Quellen berichten, dass im Jahre 239 eine Gesandtschaft im Wèi-Reich ankam. Kaiser Ming verlieh Himiko dann später den Titel “Herrscherin von Wa, dem Wèi-Reich gewogen.” und schickte seinerseits Gesandtschaften nach Yamatai[2].

Das Land Yamatai

Unter Himiko vereinigten sich angeblich 30 kuni, die eine Einheit bildeten, quasi ein erstes Reich mit dem Namen Yamatai. Dessen Zentrum muss wohl irgendwo auf der südlichen Hauptinsel Kyūshū gelegen haben, wenn man die im Wèi zhì und koreanischen Quellen jener Zeit recht genau angegebene Reisedauer bis nach China zu Grunde legt. Unter Wissenschaftlern gibt es bis heute die Diskussion, ob denn aus dem Namen Yamatai das wenig später bekannte Yamato entstanden sein könnte oder beide Gebiete sogar identisch miteinander sind. Wo das Zentrum von Yamatai genau lag, enthüllen auch die frühen Berichte chinesischer Gesandtschaften nicht wirklich. Dabei beschreiben sie das Land, die Menschen und die Lebensart recht genau. Schon seit dem 11. Jh. stritten japanische Chronisten sich daher über die Verbindung zwischen Yamatai und Yamato. Denn läge Yamatai im Yamato-Gebiet, dann wäre Yamato ein schon im 3. Jh. etablierter Staat gewesen.

Und er hätte einen weitaus größeren Einflussbereich als Yamatai gehabt[3]. Außerdem erwähnen die ersten japanischen Geschichtswerke des 7. Jh. Yamatai und Himiko nicht. Historische Ungenauigkeit oder Absicht? Vielleicht gar ein Politikum? Die Antwort darauf bleiben uns die Quellen und deren Autoren schuldig.

Quellen

[1] Vgl. Collcutt, Martin et al.: Bildatlas der Weltkulturen – Japan. 1997, S. 34ff, 44f. Vgl. Kreiner, Josef: Kleine Geschichte Japans. 2010, S. 33–38.

[2]  Vgl. Japan – An Illustrated Encyclopeadia: Himiko, Vol. 1, 1993, S. 535.

[3]  Vgl. Kreiner, Josef: Kleine Geschichte Japans. 2010, S. 33–38.