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Artenvielfalt Japans
Artenvielfalt, als Biodiversität (seibutsu-tayōsei) bezeichnet, wird eher selten mit Japan in Verbindung gebracht. Aufgrund falscher Eindrücke wird geglaubt, dass vor allem Metropolregionen mit überfüllten Megastädten die alles beherrschende Kulisse des Landes sind. In den wenigen weitläufigen Ebenen Japans stimmt das auch. Weil hier hat menschliche Infrastruktur die Natur zurückgedrängt. In den ausgedehnten Bergregionen des japanischen Archipels hingegen, gibt es noch viel Natur. Allerdings ist auch dieser natürliche Lebensraum von menschlichen Eingriffen betroffen.
Ein genauerer Blick auf die Natur offenbart, wie weit der menschliche Einfluss reicht und wie es um die natürliche Vielfalt tatsächlich steht.
Bedrohte Biodiversität
Obwohl Japan im Vergleich, bspw. mit den USA oder Russland, ein viel kleineres Land ist, so sind aber dessen Topografie und geographische Lage Grund für seine Biodiversität. Die Pflanzen- und Tierwelt sind artenreich, was 2005 offiziell von der NGO* Conservation International bestätigt wurde. Jedoch hat die Natur Japans gleichzeitig den Status eines Biodiversity Hotspot (Brennpunkt der Artenvielfalt), weil die menschliche Besiedlung und Eingriffe in die Natur den Lebensraum und Reichtum an Spezies bedrohen[1].
* Non Governmental Organisation (Nicht-Regierungsorganisation/-en).
Naturschutz im Vergleich
Aus dem Weltraum sieht man zu ca. 68% grün bewaldete Inseln. Dieser Blick offenbart aber nicht, dass ca. 40% davon wieder aufgeforsteter Nutzwald sind. Nur etwa 28% sind natürlicher Wald und noch weniger unberührter Urwald.
34 Nationalparks (kokuritsu-kōen, siehe Abb.), 57 Quasi-Nationalparks (kokutei-kōen) und 306 Präfekturparks (kenritsu-jizen-kōen) dienen dem Schutz und Erhalt ursprünglicher Naturräume als Habitate für Flora und Fauna**. Nationalparks machen 5,8% der Landfläche Japans aus[2]. Das fast gleich große Deutschland hat 16 Nationalparks, die hingegen gerade mal 0,6% der gesamten Landfläche einnehmen[3]. Besonders interessant wird der Vergleich Japans aber mit deutlich größeren Ländern wie den USA und Kanada, die nur 2% ihrer Landfläche als Schutzgebiete ausgezeichnet haben[4].
** In den Quasi-Nationalparks und Präfekturparks als Naturschutzgebieten, gelten geringere Schutzmaßnahmen als bei Nationalparks und eine touristische Nutzung findet statt.
Artenvielfalt im Vergleich
Die nachstehende Tabelle veranschaulicht, was Biodiversität in Japan bedeutet. Hierzu ist der Vergleich mit Deutschland wegen der ähnlichen Ländergröße und Vielzahl an Habitaten geeignet. Allerdings ist Deutschland kein Inselstaat. Deswegen ist hier die Migration von Arten über die Landesgrenzen hinweg normal.
Auffällig ist der relativ hohe Anteil von Tier- und Pflanzenarten, die in Japan endemisch sind. Dies lässt sich hauptsächlich durch die Insellage Japans erklären, in der sich das Land seit dem Anstieg des Meeresspiegels am Ende der letzten Eiszeit befindet. Folglich haben sich seit einigen tausend Jahren die Tier- und Pflanzenarten in Japan unabhängig vom asiatischen Kontinent weiterentwickelt. Schließlich sind daraus etliche endemische Arten hervorgegangen.
Die endemischen japanischen Arten unterscheiden sich meist deutlich in Größe und Aussehen von vielen Verwandten auf dem benachbarten asiatischen Kontinent. Diese sind dort teils durch Bejagung und massive Umweltzerstörungen mittlerweile ausgestorben oder stark bedroht.
Japan | Deutschland | |||
gesamt | end. | gesamt 1, 3, 4 | end. 2, 3, 4 | |
Pflanzen | 5.600 | 1.950 | 9.500 | 42* |
Wirbeltiere | ||||
Landsäugetiere | 94 | 46 | 104 | 0 |
Vögel | 366 | 13 | 328 | 0 |
Reptilien | 66 | 28 | 13 | 0 |
Amphibien | 50 | 44 | 22 | 0 |
Süßwasserfische | 214 | 52 | 197 | 7* |
Insekten | > 32.000 5 | wird noch ermittelt | 33.305 | 7** |
2 World Wide Fund for Nature. In Deutschland endemische Pflanzen..
3 Bundesamt für Naturschutz: Artenschutzreport.
4 Bundesamt für Naturschutz: Daten zur Natur 2016. PD, S. 11f.
5 Entomological Science: Species diversity of insects in Japan, 2017. (> 32.000 identifizierte Arten; vermutlich gibt es aber 100.000 Arten insgesamt auf den jap. Inseln).
* Fraglicher endemischer Status bei 5 Arten
** Fraglicher endemischer Status
Faktoren der Biodiversität
In der Natur Japans gibt es deutlich mehr Arten an Reptilien, Amphibien und Süßwasserfischen als in Deutschland. Denn das generell feuchte Klima Japans, die vielen Süßwasserquellen sowie die Ausdehnung des Archipels über zwei Klimazonen hinweg (die gemäßigte und die subtropische) begünstigten die Artenvielfalt. Zudem hat die Topografie hoher Berge und flacher Küstengebiete in Japan eine hohe Diversität an Ökosystemen hervorgebracht. Viele Tier- und Pflanzenarten kommen daher nur in bestimmten Regionen des Archipels vor.
Berge und Wälder
Besonders artenreich sind die Berge Japans mit ihren Wäldern und vielen Flüssen. Weil hier hält sich der Eingriff des Menschen in Grenzen. Andere Ökosysteme wurden allerdings erst durch den Menschen geschaffen, wie die Nassfelder für den Reisanbau. Diese sind für eine Vielzahl von Insekten, Amphibien und Fische ausgesprochen attraktive Lebensräume. Z. B. haben Aale, Frösche und Welse und andere Fische aus den naheliegenden Seen oder Flüssen, die über Monate gefluteten Reisfelder als idealen Ort der Aufzucht für den Nachwuchs erobert. Die von Menschen zur Bewässerung der Felder angelegten Kanäle zu den Seen und Flüssen bilden dabei die Wanderwege für die Fische.
Japanische Begriffe und Schriftzeichen
Kenritsu-jizen-kōen 県立自然公園 (Präfektur Naturpark)
Kokuritsu-kōen 国立公園 (Nationalpark)
Kokutei-kōen 国定公園 (Quasi-Nationalpark)
Seibutsu-tayōsei 生物多様性 (Biodiversität, Artenvielfalt)
Quellen
[1] Conservation International: Japan – Unique biodiversity. Arlington, Virginia, USA 2013. (23.04.2013)
[2] 環境省: 国立公園地種区分別面積、令和3年3月31日現在。(Umweltministerium Japans: Fläche der Nationalparks nach Arten, 31. März 2021; abgerufen 07.12.2021.)
http://www.env.go.jp/park/parks/index.html (07.12.2021)
一般財団法人 自然公園財団 (Stiftung Naturschutzpark) (07.12.2021)
UNEP-WCMC (2021). United Nations Environment Programme-World Conservation Monitoring Centre, Protected Area Profile for Japan from the World Database of Protected Areas, December 2021. (Die Zahlen weichen von japanischen Quellen leicht ab, 07.12.2021)
[3] Bundesamt für Naturschutz: Nationalparks – Gesamtfläche ohne Nord- und Ostseeflächen, 2021. (08.12.2021)
[4] Knight, Catherine: Natural Environments. Wildlife, and Conservation in Japan. The Asia-Pacific Journal/Japan Focus, January 25, 2010, S. 2. (21.08.2014)