Ausschließliche Wirtschaftszone

Japans Ausschließliche Wirtschaftszone

Die Ausschließliche Wirtschaftszone (en. Exclusive Economic Zone, EEZ), kurz als AWZ bezeichnet, ist ein Seegebiet, das nach Artikel 55 des Seerechtsübereinkommens (en. Convention on the Law of the Sea, UNCLOS) der Vereinten Nationen von 1982 ein erweitertes Seegebiet um einen Insel- oder vor einem Küstenstaat definiert.
Die AWZ Japans ist nach den Südkurilen, Takeshima und den Senkaku der vierte Grund für Streit mit den Nachbarländern. Denn es kommt vor, dass sich die AWZ benachbarter Staaten überschneiden. Die Staaten müssen dann eine Grenze in dem betreffenden Seegebiet vereinbaren.Zwar handelt es sich hierbei nicht um unmittelbares Staatsgebiet Japans, aber der wirtschaftliche Wert weckt Begehrlichkeiten.

Definition verschiedener Zonen

Um die Problematik zu verdeutlichen, ist es sinnvoll, erst einmal die (see)rechtlichen Aspekte von Insel- und Küstenstaaten zu erläutern. Hierzu eine Definition der verschiedenen Zonen auf See.

Die 12-Meilen-Zone

International wird eine Zone von 12 sm* (22,2 km) vor einer Küste ab der Basislinie als nationales Hoheits- oder Staatsgebiet betrachtet. Die Basislinie ist der seichte Bereich der jeweiligen Küste. In der 12-Meilen-Zone übt ein Staat uneingeschränkt seine souveränen Rechte aus. Es gilt das jeweilige nationale Recht.

24-Meilen-Zone

Daran schließt eine Zone von 24 sm* (44,4 km) vor einer Küste an, daher auch als Anschlusszone bezeichnet. Sie wird ebenfalls ab der Basislinie gemessen. Damit handelt es sich im Grunde nur um eine Erweiterung der 12-Meilen-Zone um weitere 12 sm*. Obwohl die See innerhalb der zusätzlichen 12 Meilen rechtlich kein Staatsgebiet darstellt, darf ein Küstenstaat dennoch hoheitliche Rechte ausüben wie z. B. die Durchsetzung von Zoll- und Einreisebestimmungen oder die Verfolgung von Rechtsverstößen.

Definition der AWZ

Die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) eines Insel- oder Küstenstaats bedeutet eine große Ausdehnung des wirtschaftlich nutzbaren Seegebiets. Gemessen ab der Basislinie auf bis zu 200 sm* (370,4 km), weshalb man sie auch als 200-Meilen-Zone bezeichnet. Das sind 176 sm* (326 km) ab der 24-Meilen-Zone. Ausnahmen sind z. B. Meerengen, weil sich hier die AWZ zweier Staaten überschneiden würden.
Ragt der Festlandsockel deutlich weiter ins Meer hinein, dann kann die Zone auf bis zu 350 sm* (ab Basislinie) erweitert werden. Dies bedarf aber der eingehenden geologischen Prüfung und Abstimmung durch internationale Institutionen und eine Anerkennung.

Abbildung der verschiedenen Zonen vor einer Küste
Abb.: Darstellung der verschiedenen Zonen vor der Küste eines Staats und den dort anwendbaren Rechten.

Rechte innerhalb der AWZ

Weil die Ausschließliche Wirtschaftszone rechtlich kein Staatsgebiet eines Insel- oder Küstenstaates darstellt, dürfen solche Staaten in dieser Zone nur in begrenztem Umfang souveräne Rechte ausüben. Dies berechtigt zur exklusiven Erforschung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden (z. B. durch Fischerei). Gleiches gilt auch für den Meeresboden und den Untergrund (z. B. in Form von Bergbau).
Um die Ressourcen ausbeuten zu können, darf der betreffende Staat z. B. Bohrinseln und andere künstliche Gebilde errichten. Ebenso kann die Zone zur Stromerzeugung genutzt werden (Windkraftanlagen oder Gezeitenkraftwerke).
Gleichzeitig verpflichtet die Nutzung zum Erhalt der natürlichen Umgebung. Ebenso muss anderen Staaten das Durchfahren und Überfliegen der Zone sowie das Verlegen von Leitungen auf dem Meeresgrund uneingeschränkt gestattet werden (Convention on the Law of the Sea, Art. 58 u. 87)[1].

Während die Gewährung der freien Passage für zivile ausländische Schiffe und Flugzeuge in einer AWZ die Regel ist, herrscht Uneinigkeit darüber, ob dies auch für ausländische Flotten oder Aufklärungspatrouillen gilt[2].

Japans AWZ – ein Problem?

Die von Japan beanspruchte Ausschließliche Wirtschaftszone bedeutet im Verhältnis zur eigentlichen Größe des Inselstaates eine enorme Ausdehnung des ökonomischen und politischen Wirkungsbereiches. Dies liegt vor allem an der Eigenschaft des Inselstaats, der ein ausgedehnter Archipel ist (Japans Geografie). Die weit auseinander liegenden Inseln, die zu Japans Staatsgebiet gehören, erweitern die AWZ vor allem in südwestlicher und südlicher Richtung in den offenen Ozean. Wäre die Ausschließliche Wirtschaftszone tatsächlich Staatsgebiet, dann wäre Japan flächenmäßig der sechstgrößte Staat der Erde.
Auf dem Meeresboden sind sehr wahrscheinlich Lagerstätten von Erdöl, Methanhydrat, Platin, seltener Erden und anderer Rohstoffe zu finden, auch unweit der Pazifikküste Japans und nicht nur in den umstrittenen Gebieten (Karte, Zonen A–D). Damit richtet sich das Interesse Japans auch auf die Gewässer im Südosten. Für die großen kontinentalen Nachbarstaaten sind die Ansprüche Japans ein Ärgernis, bleiben aber dennoch im Rahmen internationaler Abkommen.

Karte der Ausschließlichen Wirtschaftszone Japans
Karte 1: Ausschließliche Wirtschaftszonen Japans und benachbarter Länder.

Öl- und Gasfelder im Ostchinesischen Meer

Im Ostchinesischen Meer, südwestlich der Küste von Kyūshū und nahe der Senkaku-Inselgruppe, befindet sich ein von der Volksrepublik China als Chūnxiǎo Yóuqìtián (gespr. Tschu’enchsiao Yotschi’tien) bezeichnetes Seegebiet. Japan, das dieses Gebiet Shirakaba gasu-den nennt, hat es in seine Ausschließliche Wirtschaftszone einbezogen (Karte 2). Dies wäre für die Volksrepublik China vielleicht nicht weiter von Bedeutung, wenn nicht geologische Untersuchungen des Meeresgrunds größere Öl- und Gasfelder nachgewiesen hätten.

Tōkyō vergab 2005 Rechte für Bohrungen an das japanische Unternehmen Teikoku Oil Co., was Peking verärgerte. Obwohl der Großteil des Chūnxiǎo Yóuqìtián Öl- und Gasfelds innerhalb Chinas AWZ liegt, so befindet sich ein Teil des Felds um die Senkaku-Inseln. Und die gehören Japan. Peking befürchtet, dass die japanische Bohrung die chinesischen Lagerstätten anzapfen könnte. Ein Verlust an wertvollem Erdöl und Gas also[3].

Die Rohstoffe wecken Begehrlichkeiten, sodass Japans Einbeziehung dieses Seegebiets in seine AWZ als illegitim angesehen wird. China fördert dort mit westlicher Hilfe seit 2006 Gas. Die hohen Förderkosten und die diplomatisch unklare Situation des Gebiets haben jedoch dazu geführt, dass sich die Partner Shell und Union Oil Company of California (Unocal) zurückgezogen haben. Japan nutzte die Chance und sprang für die ausgefallenen Geschäftspartner mit Technik und Kapital ein[4].

Karte der Ausschließlichen Wirtschaftszone Japans im Ostchinesischem Meer
Karte 2: Ausschließliche Wirtschaftszonen Japans und benachbarter Länder im Ostchinesischem Meer.

Streit um die Medianlinie

2008 erreichten die Volksrepublik China und Japan nur einen Konsens bzgl. einer chinesisch-japanischen Kooperation im Ostchinesischem Meer. In Sachen der beabsichtigten gemeinsamen Entwicklungszone, der Beteiligung japanischer Ölunternehmen an der Förderung unter chinesischer Führung und der Verhandlungen für einen Vertrag hat sich nichts getan. Schuld sind die schlechten diplomatischen Beziehungen zwischen den Ländern. Es gibt wenig Motivation für Vertragsverhandlungen, weil China inzwischen an der Medianlinie weitere Felder erschlossen hat (Karte 2). Peking ist der Auffassung, dass nur das Chūnxiǎo-/Shirakaba-Feld Verhandlungsgegenstand ist. Japan erwartet einen Förderstopp Chinas bei allen bisher erschlossenen Quellen[5].

2012 reichte die Volksrepublik China bei der Kommission für die Grenzen des Festlandsockels der Vereinten Nationen eine Vorlage ein. In dieser fordert China die Erweiterung seiner AWZ bis an den Rand des Okinawa-Grabens. Es begründet dies mit seinem Festlandsockel, der über die 200 sm* ins Ostchinesische Meer reicht. Dabei hatten sowohl China wie Japan zuvor UNCLOS ratifiziert. China muss nun den Beweis für die Ausdehnung seines Festlandsockels erbringen. Japan fordert hingegen, dass auf Basis von UNCLOS eine faire Aufteilung des umstrittenen Seegebiets entlang einer vereinbarten Medianline vorgenommen wird. Aber selbst wenn jeder nur auf seine Seite einer Medianlinie die Ausbeutung von Rohstoffen betreibt, könnten auf der jeweils anderen trotzdem Lagerstätten angezapft werden. Zumindest befürchten China und Japan dies, weil eine Lagerstätte im Meeresboden über die Medianlinie hinaus reichen kann[6].

Japanische, chinesische Begriffe und Schriftzeichen

  • Chūnxiǎo Yóuqìtián 春晓油气田 (gespr. Tschu’enchsiao Yotschi’tien)
  • Shirakaba gasu-den 白樺ガス田 

Anmerkungen

* Seemeile(n), nautische Meile(n); 1 sm = 1,852 km

Quellen

[1]   Vgl. United Nations: United Nations Convention on the Law of the Sea (1982). New York, 1982. Abgerufen 20.07.2021.
https://www.un.org/depts/los/convention_agreements/texts/unclos/unclos_e.pdf

[2]   Vgl. Rongxing, Guo: Territorial Disputes And Resource Management. A Global Handbook. Nova Science Publishers, New York 2007; S. 104.

[3]   Vgl. Gulf News: Japan clears disputed gas deal. Dubai, 15.07.2005. Abgerufen 20.07.2021.
https://gulfnews.com/business/energy/japan-clears-disputed-gas-deal-1.294119

[4]   Vgl. The New York Times: China and Japan in deal over contested gas field. New York, 19.06.2008. Abgerufen 12.09.2011.
https://www.nytimes.com/2008/06/19/world/asia/19sea.html
Vgl. The Wall Street Journal: CNOOC taps gas field amid border flap with Japan. New York, 06.04.2006. Abgerufen 12.09.2011.
https://www.wsj.com/articles/SB114422903166617531

[5]   Vgl. Acheson, Chris: Disputed Claims in the East China Sea. The National Bureau of Asian Research, Seattle, 25.07.2011. Abgerufen am 13.08.2021.
http://www.nbr.org/research/activity.aspx?id=159#.Usw1G_QW1WI

[6]   Vgl. Rongxing, G., 2007; S. 104.